16- bis 29-jährige News-Avoider/innen als Zielgruppe
- ORF-Public-Value-Jahresstudie „Informationsdeprivation & News-Avoiding“ mit Studienteil des Instituts für Jugendkulturforschung veröffentlicht und ab sofort auch online verfügbar
16- bis 29-jährige News-Avoider/innen als Zielgruppe
Das Institut für Jugendkulturforschung wurde im Rahmen der ORF-Public-Value-Jahresstudie 2020/21 mit einer Zielgruppenexploration in jungen politikdistanzierten Zielgruppen beauftragt. Zum einem interessierten Medienrepertoires und Informationsnutzungsstile junger „Digital Natives“. Zum anderen untersucht die Zielgruppenstudie Informationsverhalten und Publikumsbedürfnisse politikferner und news-distanzierter Jugendlicher und junger Erwachsener. Lesen Sie die Ergebnisse der Zielgruppenexploration im soeben erschienenen Berichtsband der Public-Value-Jahresstudie:
Wir haben uns das Interesse junger Menschen an Politikerstattung in den Nachrichten näher angesehen. Unsere Daten zeigen, dass nur ein Viertel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in die Gruppe der Info-Seeker fällt, die aktives Interesse an News über das politische Tagesgeschehen hat. Das sind Jugendliche und junge Erwachsene, die immer top-aktuell über das politische Geschehen informiert sein wollen, sie interessieren sich für Innenpolitik, aber ganz stark auch für internationale Politik. Ein weiteres Viertel nutzt Nachrichten vor allem vor Wahlen und erhofft von redaktionellen Medien eine Entscheidungshilfe im Hinblick auf die eigene Wahlentscheidung, nach der Wahl klinken diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen sich aber wieder aus.
Rund 50 Prozent gehen zu Politik in den Nachrichten ganz klar auf Distanz und werden mit qualitätsjournalistischer Politikberichterstattung nicht, vielleicht sollte man auch besser sagen: nicht mehr erreicht. Weniger, weil sie dem Politikjournalismus kritisch gegenüber stehen, sondern vor allem, weil sie politikmüde sind bzw. sehr geringes Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen haben. Allerdings tendieren diese jungen Menschen dazu, den Politikjournalismus als verlängerten Arm der Parteien zu sehen. Um Vertrauenspunkte in diesem sehr schwierigen Zielgruppensegment zu sammeln, gilt es, dem Eindruck, Politikjournalismus sei reiner Verlautbarungsjournalismus, also journalistisch etwas entgegenzusetzen.
Medienunternehmen drohen im Bereich der tagesaktuellen Berichterstattung den Anschluss an das junge Publikum zu verlieren oder anders gesagt: Sie werden in jungen Zielgruppen mehr und mehr zum Elitenprogramm.
Junge News-Avoider verlieren hingegen den Anschluss an die großen Themen unserer Zeit, die auf der öffentlichen politischen Bühne verhandelt werden, und wohl auch die Fähigkeit, politische Fragen, von denen sie selbst betroffen sind, in einem größeren Systemzusammenhang zu sehen und zu bewerten.
Und auch Konsequenzen für die Demokratie liegen auf der Hand. Zwar ist heutzutage oft die Rede davon, die junge Generation in den politischen Dialog besser einzubinden. In einem Szenario, in dem 50 Prozent politikmüde Avoider sind, wird das aber schwierig. Jugendbeteiligung konzentriert sich meines Erachtens allzu oft auf diejenigen, die leicht zu erreichen sind – das sind, wenn man das Interesse am aktuellen politischen Tagesgeschehen als Messlatte nimmt – aber eben gerade einmal ein knappens Viertel der 16- bis 29-Jährigen.
Erstens „Weniger ist mehr“. Was es braucht ist kompetente Selektion der für junge Menschen lebensrelevanten Neuigkeiten – das ist durchaus eine Herausforderung, denn das, was lebensrelevant ist, ist an jedem sozialen Standort ein bisschen etwas anderes.
Zweitens: Neue frische Perspektiven auf altbekannte Themen und mehr Anschlussfähigkeit an persönliche Erfahrungen der Jugendlichen. Was man auf jeden Fall vermeiden sollte, ist „more of the same“. Was wichtig wäre, ist, anschaulich zu machen, was Politik im Alltag der Menschen bedeutet, also wie sich politische Entscheidungen konkret auswirken.
Und drittens: Newsformate, die den zunehmend kurzen Aufmerksamkeitsspannen der digital sozialisierten jungen Generation entgegenkommen und mobile Nutzung im multimodalen Modus ermöglichen. In der im Rahmen der ORF-Public-Value-Studie von uns durchgeführten Abtestung, in der verschiedene Newsformate des ORF und auch Newsvermittlung via YouTuber berücksichtigt wurden, war die ZIB100 klarer Testsieger. Begründung: Die ZIB100 bringt das Wichtigste kurz auf den Punkt, sie ist smartphonekompatibel. Und, wenn man den Ton wegschaltet, weil man die Nachrichten im öffentlichen Raum nutzt und seine Mitmenschen nicht stören will, kann man mitlesen und hat die volle Information.
Als einzige Forschungseinrichtung in Österreich, die sich auf Forschung im Bereich junger Zielgruppen spezialisiert hat, beschäftigt sich das Institut für Jugendkulturforschung mit Trends in der Medien- und Technologienutzung junger Zielgruppen seit langen Jahren.
Wir bieten Forschung und Expertisen sowie Vorträge, Workshops und Beratung (Preise auf Anfrage) und freuen uns auf Ihre Anfrage an: studien@jugendkultur.at