Sind Schule und Pädagogik Ursache des bei Jugendlichen vielfach konstatierten Konformismus?
Tragen sie zu einem passiven Nihilismus bei? Sind sie gar am gängigen Bild einer „angepassten Jugendgeneration“ Schuld? Diese Fragen diskutiert Mag. Bernhard Heinzlmaier in seinem aktuellen Fachbeitrag zur Jugendforschung.
Das Bildungssystem verhindert Kreativität und Selbstorganisationsfähigkeit, kritisiert Bernhard Heinzlmaier in seinem aktuellen Fachbeitrag zur Jugendforschung:
- Bernhard Heinzlmaier: Die panoptische Schule, Institut für Jugendkulturforschung, Wien, 2015
Der Abwehrspieler von Borussia Mönchengladbach, Martin Stranzl, beklagt in der FAZ vom 15. August die Unselbstständigkeit junger Fußballspieler und liefert dazu auch die entsprechende Ursachenanalyse. Schuld daran sei, so Stranzl, dass den Jugendlichen in den Internaten der großen deutschen Fußballklubs heute zu viel an alltäglichen Lebensverrichtungen abgenommen werde. „Die Wäsche wird gewaschen, das Essen steht bereit, zur Schule wirst du gebracht und abgeholt, bei Bedarf noch Hilfe bei den Hausaufgaben gestellt. Die Fähigkeit, selbst etwas zu organisieren, wird nicht entwickelt.“ Diese Diagnose Stranzls über die jungen Fußballer lässt sich bedenkenlos auf den größten Teil der heutigen Jugendlichen ausweiten. Was sie gemein haben, ist die weitgehende Unfähigkeit, ihr eigenes Leben autonom, ohne Anleitung und Hilfe von außen zu führen. Die Jugend unserer Zeit ist geprägt vom Unvermögen, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
Schuld daran sind die Bildungsinstitutionen, in denen diese Jugendlichen sozialisiert werden, sagt Bernhard Heinzlmaier. Der Wille zum Konformismus bestimmt das europäische Schulwesen. Es soll eine Gleichförmigkeit durchgesetzt werden, die einen angepassten, wirtschaftlich denkenden und verwertbaren Menschen erzeugt, der innerhalb vorgegebener Systemgrenzen funktioniert und dabei völlig ohne visionäre Weltentwürfe auskommt. Daher agieren Jugendliche heute auch so oft adaptiv-pragmatisch. Sie bewegen sich lieber in vorgegebenen Bahnen und setzen auf die Strategie „Erfolg durch Anpassung“, anstatt neue Wege zu beschreiten.
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