Vorwahlbefragung des Instituts für Jugendkulturforschung zeigte: Die jungen ÖsterreicherInnen wollten beide Kandidaten nicht. Lesen Sie mehr über die Frustwahl und ihre Folgen:
Was die Vorwahlbefragung zeigte:
Ging es nach den unter 25-jährigen, hatte Alexander Van der Bellen vor der Wahl am 4.12. die Nase bereits klar vorne. Er gilt als sympathisch, glaubwürdig und zuverlässig. Norbert Hofer hingegen wird als deutlich moderner wahrgenommen, er punktet mit jugendlichem Charme und Durchsetzungsfähigkeit. Aber so richtig überzeugen konnte keiner der beiden Kandidaten. Das ergab eine repräsentative JungwählerInnen-Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung unter 500 16- bis 24-jährigen.
Richtig gerne gingen die Jungen nicht zur Wiederholung der Stichwahl am 4. Dezember. Nicht nur, weil lediglich ein Drittel von ihnen der Ansicht war, dass es richtig war, diese Wahl zu wiederholen. Auch mit den beiden Kandidaten konnte ein wesentlicher Teil der 16- bis 24-jährigen JungwählerInnen kaum etwas anfangen. So sagte rund die Hälfte der Befragten, dass sie keinem der beiden Kandidaten gerne zuhört. 44 Prozent waren der Meinung, keiner der beiden wäre ehrlich. 42 Prozent halten weder Alexander Van der Bellen noch Norbert Hofer für eine Führungspersönlichkeit.
Skepsis und Misstrauen der österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber der etablierten Politik und das Gefühl, von niemandem mehr repräsentiert zu werden, nehmen rasant zu. Dies zeigt sich etwa daran, dass sich nur die Hälfte der jungen ÖsterreicherInnen (52 Prozent) sicher ist, dass in jener Stichwahl, die nun wiederholt werden muss, alles mit rechten Dingen zuging. 26 Prozent glauben hingegen, die Wahlen wären manipuliert worden, 22 Prozent sind sich diesbezüglich nicht sicher.
Dennoch hatte Alexander Van der Bellen laut Vorwahlbefragung des Instituts für Jugendkulturforschung bei den Jungen die besseren Chancen auf das höchste Amt im Staat. 56 Prozent, darunter überdurchschnittlich viele junge Frauen, Befragte mit Matura oder Universitätsabschluss und Migrationshintergrund, gaben an, Alexander Van der Bellen ihre Stimme geben zu wollen. 44 Prozent wollten Norbert Hofer wählen.
Wo lagen aus Sicht der JungwählerInnen die Stärken und wo die Schwächen der beiden Kandidaten?
Alexander Van der Bellen gilt als der zuverlässigere, glaubwürdigere und alles in allem sympathischere Kandidat. Rund die Hälfte der Befragten gesteht ihm Glaubwürdigkeit zu (Hofer: 21 Prozent), 43 Prozent finden ihn zuverlässig (Hofer: 17 Prozent), 47 Prozent sympathisch (Hofer: 22 Prozent). Alexander Van der Bellen verkörpert also jene Eigenschaften, die bislang an Bundespräsidenten geschätzt wurden.
Was sprach für Norbert Hofer? Kurz gesagt: Er ist der charismatischere Kandidat, derjenige, der es besser versteht, sich im Spektakel eines zunehmend ästhetisierten politischen Umfelds zu positionieren, in dem große öffentlichkeitswirksame Gesten und der geschickte Einsatz von emotional aufgeladenen Symboliken wichtiger ist als der routiniert vorgetragene Appell an Ruhe, Mäßigung und Besonnenheit. Norbert Hofer kommt dabei sein forsches Auftreten zu Gute. 38 Prozent finden, dass er einen jugendlichen Eindruck macht (Van der Bellen: 10 Prozent) und modern wirkt (Hofer: 37 Prozent, Van der Bellen: 17 Prozent). Diese Vitalität lässt ihn auch durchsetzungsfähiger (Hofer: 41 Prozent, Van der Bellen: 28 Prozent) erscheinen als den arrivierten Van der Bellen.
Offensichtlich treten jene Kriterien, an denen die Qualifikation von Politikern bislang festgemacht wurden, bei den jungen WählerInnen zunehmend in den Hintergrund. Gerade das Staatstragende, die hervorstechende Eigenschaft des idealtypischen Bundespräsidenten, ist heute nur mehr für einen Teil der Wählerschaft von Bedeutung: für die Etablierten, die mit dem Status-Quo gut leben können. Für die Jungen, die das Bestehende mit Unbehagen betrachten, ist derjenige, der verspricht, dass sich alles ändern wird, eine ebenso interessante Alternative.
Bernhard Heinzlmaier über die Folgen der Bundespräsidentenwahl 2016:
Studien-Steckbrief:
- Titel der Studie: JungwählerInnen-Befragung zur Bundespräsidenten-Stichwahl am 4. Dezember 2016
- Daten: Repräsentativumfrage unter 500 ÖsterreicherInnen im Alter von 16 bis 24 Jahren; rep. nach Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildungshintergrund
- Befragungszeitraum: November 2016
- Durchführung: Institut für Jugendkulturforschung/tfactory